Es ist genug für alle da.
Stimmt das? Ist wirklich genug für alle da? Die natürlichen Ressourcen der Erde sind beschränkt, das ist bekannt und außerhalb der Erde ist weit und breit noch kein Ersatz in Sicht. Wir müssen also mit dem auskommen, was da ist. Das ist die eine, die „realistische“ Sicht auf diese Behauptung, es wäre genug für alle da.
Ich kann mich aber auch fragen: was macht dieser Satz mit mir, wenn ich ihn für mich als Wahrheit annehme? Dann muss ich mich zuerst einmal fragen, was „genug“ für mich ist. Denn „genug für alle“ bedeutet ja, dass es „genug“ für jeden einzelnen von diesen „Allen“ gibt. Und was ist jetzt „genug“ für mich? Und was ist „genug“ für dich?
Natürlich kann man auch fordern, dass eine objektive, übergeordnete Stelle jedem einzelnen „seinen Teil“, sein „genug“ zuordnet. Das ist ja auch schon versucht worden und nennt sich Kommunismus. Der hat aus diesem ganz einfachen Grund nicht funktioniert, dass eben nur jeder für sich selbst definieren kann, was „genug“ ist und einige daher, wenn sie ihrer Meinung nach nicht „genug“ bekommen, dieses einfordern. Der real existierende Kommunismus ist gescheitert, weil einige – und immer mehr – Menschen mehr als dieses „genug“ dass ihnen zugewiesen wurde, haben wollten. Sie wollten ihr eigenes „genug“ haben.
Es kann also nur jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn „genug“ ist – bzw. muss es heraus finden. Man könnte meinen, dass, wenn wir das jedem einzelnen freistellen, die Menschen immer mehr und mehr haben wollen. Es gibt die Behauptung, dass Gier eine menschliche, unausrottbare Grundeigenschaft ist. Das glaube ich nicht.
Ich glaube, dass jeder Mensch in seinem Leben auf der Suche ist. Was sie sucht und was sie finden möchte, entscheidet jede Person für sich selbst. Die wenigsten haben dies allerdings klar für sich definiert und vor allem nicht bewusst – sie „wissen“ – und suchen – es meist nur auf unbewusster Ebene.
Das macht die Suche schwierig. Wie kann ich wissen, dass ich gefunden habe, was ich suche, wenn ich nicht weiß, was das ist? Daher kommt die „Gier“, das Verlangen nach mehr und mehr: aus dem Nicht-Wissen, was wir eigentlich suchen, was wir eigentlich haben möchten.
Wenn ich möchte, dass es „genug für alle“ gibt, muss ich dazu beitragen, dass jeder einzelne für sich herausfinden kann, was für ihn und für sie selbst „genug“ ist, wonach sie eigentlich suchen. Und ich muss dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen diesen Gedanken kennen, für sich annehmen und sich selbst auf die Suche machen.
Dann ist mit Garantie genug für alle da.
Es wird genug für alle da sein, wenn alle wissen, wonach sie suchen und wenn sie – und das ist jetzt das entscheidende – dazu beitragen, dass es genug für sie und genug für ander gibt.
Was macht das mit mir, wenn ich anerkenne, dass „genug für alle“ da ist, und es meine Aufgabe ist, herauszufinden, was für mich „genug“ ist?
Was macht es mir dir?
Graffiti in Soho, Málaga, unbekannte°r Künstler°in | #artfairteilen