Nein, sie geht nicht aus. Garantiert nicht.
Maya Angelou soll gesagt haben: „Du kannst Kreativität nicht verbrauchen. Je mehr du sie verwendest, desto mehr hast du davon.“
Die meisten Menschen haben eine falsche Vorstellung von „Kreativität“. Sie denken, es wäre etwas Spezielles, nur bestimmten, eben „kreativen“ Menschen gegeben. Sie assoziieren Kreativität mit „originell“, „künstlerisch“, „einzigartig“, ja sogar mit „schön“ oder anderen ästhetischen Kriterien.
Aber Kreativität bedeutet zuerst einmal: etwas zu kreieren, also etwas zu schaffen. Nicht schaffen im Sinne von „ich habe es geschafft“ sondern im Sinne von: „ich habe etwas erschaffen“, also gemacht.
Einfach nur mal gemacht. Alles andere – neu, einzigartig, originell, speziell, schön, hässlich, provokant, etc. – sind Kriterien, die erst später hinzukommen. Sie sind der zweite – nein: der dritte Schritt.
Kreativ zu sein, heißt: etwas in die Welt zu setzen. Egal was, egal mit welchem Medium. Das Kriterium ist nicht, ob es neu, originell, „kreativ“ im landläufigen Sinn ist, sondern: ob es zuerst nicht vorhanden war und dann, durch eine (meine, deine) Tätigkeit vorhanden gemacht wird.
Erst wenn das geschafft (und geschaffen) ist, wenn überhaupt etwas entstanden ist, kann ich beginnen, es gegenüber Anderem abzugrenzen. Und zwar nicht gegenüber dem von anderen Menschen geschaffenen, sondern gegenüber meinen eigenen – anderen – Erzeugnissen.
Ist es FÜR MICH neu, einzigartig, mit einem neuen Blickwinkel versehen? Setzt es sich gegenüber anderem, das ICH geschaffen (gebaut, gemalt, geschrieben, komponiert, skizziert, genäht, choreographiert, etc.) ab?
Ist ein neuer, weiterführender Aspekt darin, gibt es eine Entwicklung gegenüber meinen anderen Arbeiten, geht es in eine Richtung, die ich möchte?
Dazu muss ich erst einmal wissen, welche Richtung das sein soll – und dafür muss ich erst einmal tun, probieren, experimentieren – eben: losgehen.
Kreativ zu sein bedeutet: losgehen, anfangen, etwas tun, dann wieder etwas tun, dann wieder, dann schauen, hören, spüren, ob es sich von vorigem (von mir) unterscheidet, ob sich das besser oder schlechter anfühlt (ansieht, anhört, riecht, schmeckt) und in welche Richtung es – für mich – weiter gehen soll.
Erst danach, irgendwann, in einem dritten Schritt, kann ich mich auch fragen, wie das, was ich mache, sich von dem von anderen unterscheidet.
Aber eigentlich muss ich das gar nicht.
Jedenfalls nicht, um kreativ zu sein.
Foto: Peter Hauptmann, mein Notizbuch