Das steht als nächster Punkt auf meiner heutigen Liste:
Schreiben
Eigentlich steht es jeden Tag auf dieser Liste, denn der Vorsatz war ja, täglich hier zu bloggen. Das ist natürlich so nicht passiert. Viel zu oft nicht passiert, nicht täglich und auch nicht regelmäßig und über lange Strecken oft gar nicht. Obwohl der Punkt „Schreiben“ wirklich täglich auf der Liste steht, denn ein täglicher Blog erfordert auch tägliches Schreiben.
Das ist ja überhaupt erst Sinn der Sache: mich selbst, meinen Geist, meinen Willen, meine „Schreibmuskel“, meine „Denkmuskel“ auszurichten, zu trainieren, gefügig und geschmeidig zu machen, es zu einer Gewohnheit werden zu lassen: täglich zu Denken und diese Gedanken in nachvollziehbarer Form festzuhalten.
Woran scheitert es, wenn es nicht klappt? Was passiert an den Tagen, an denen „Schreiben“ zwar auf der Liste steht, aber nicht in eine reale Handlung, in reales Schreiben umgesetzt wird? Natürlich tue ich etwas anderes. Das Richtige wäre eigentlich, an genau dieser Stelle der Liste zu stoppen und so lange nichts zu tun, bis ich eben anfange zu schreiben.
Tatsächlich ist es genau dieser Rat, den ich meinen Kund°innen gebe, wenn sie an einer „Schreibblockade“ leiden (eigentlich sollte ich auch das „leiden“ unter Anführungszeichen setzen). Die Idee dazu stammt gar nicht von mir, sondern ich habe sie aus einem Interview mit Neil Gaiman, der seinerseits wiederum andere berühmte Autoren anführt, die es ebenso machen. Das ist also der Rat, den ich meinen Kunden gebe, aber selbst halte ich mich nicht daran. Warum nicht? Weil es ja nicht das Schreiben ist, das meine Haupttätigkeit darstellt, diese besteht aus so vielen anderen Aspekten, dass ich ganz leicht etwas anderes tun und das Schreiben vermeiden kann – no problem!
Der Rat gilt also für jene, deren wichtigste Aufgabe am Tag es wäre, zu schreiben, nämlich jene, die sich als Schriftsteller sehen. Was wäre aber dann meine wichtigste Aufgabe am Tag? Zu coachen? Das natürlich, und das fällt mir ja auch überhaupt nicht schwer, denn da gibt es einen Termin, mit den Kund°innen ausgemacht, und an diesen halte ich mich, klar. Auch den meisten meiner Kund°innen fällt es überhaupt nicht schwer, sich an Termine zu halten, die von außen vorgegeben sind. Es geht vielmehr um das, was man tun sollte, das aber – aus welchen Gründen auch immer – einfach nicht und nicht passieren will.
So, als wäre es etwas Selbständiges, ein eigenes Wesen, wie ein Haustier (kann wohl nur eine Katze sein), das einfach nicht tut, was wir von ihm wollen. Ein Wesen, in mir als Wesen: das „Schreiben“. Es ist scheu, es ist hochnäsig, es ist leicht beleidigt, es ist empfindlich, es wird leicht krank oder unpässlich, es ist nicht da, wenn man nach ihm sieht. Ein scheues Wesen, eben.
Kann man ihm beikommen, es dressieren, es an Regelmäßigkeit gewöhnen? Ich sage: ja. Ist ja mein Job, als Coach. Auch, wenn es mir selbst so schwer fällt. Ich glaube an die Lösung, auch wenn sie bei mir selbst so oft nicht funktioniert. Das disqualifiziert nicht die Lösung, sondern bestenfalls mich selbst, als mein eigener Kunde, der nicht tut, was ich, als Coach, mit ihm erarbeitet habe. Meine Schuld, daher nicht meine Schuld.
Ähhh… etwas klarer: meine Schuld, als mein Kunde, daher nicht meine Schuld, als Coach.
Nein, „Schuld“ ist überhaupt ein unpassendes Wort, gemeint ist natürlich: Verantwortung. Meine Verantwortung (als Kunde) dass ich das auch wirklich tue, was ich gemeinsam mit mir (meinem Coach) erarbeitet habe. Die Verantwortung bleibt immer beim Kunden – ein Grundprinzip guten (systemischen) Coachings.
Also: Verantwortung übernehmen und tun, was ich mit mir selbst als Coach erarbeitet habe!
Und das tue ich jetzt gerade ja auch. Gut gemacht! Warum es gerade heute geklappt hat, obwohl der Tag schon weit fortgeschritten ist, und das „Schreiben“ eigentlich viel weiter oben auf der Liste steht, also schon längst getan hätte werden sollen? (Hi hi: „hätte werden sollen“ – großartige Aneinanderreihung, das werde ich mir für einen späteren Artikel mal vormerken….)
Möglicherweise kommt bei dir an dieser Stelle der Verdacht auf, dass dieser Beitrag auf gar nichts Konkretes zuführt, gar keine „Lösung“ für das anbietet, was du dir vielleicht vorgestellt hast. Ich gebe zu: auch mich beschleicht gerade eben dieser Verdacht: dieser Text führt auf keine abschließende Pointe zu, auf keine Conclusio, keine Schlussfolgerung und schon gar keine Handlungsanleitung.
Die solltest du aber in diesem Blog ohnehin nicht erwarten, solche Art von Texten – also Probleme bzw. Herausforderungen und Vorschläge zu ihrer Lösung, findest du bei den art!up Impulsen. Dieser Blog HIER ist mein persönlicher und dient mehr der Erforschung meiner eigenenen Themen (an denen ich aber gerne andere teilhaben lasse, sonst wäre es ja ein Tagebuch und kein Blog), also eher ein „Fragenbuch“ als ein „Antwortenbuch“.
(Das gefällt mir übrigens auch, als Thema: Fragenbuch und Antwortenbuch… 👉 Notiz an mich selbst)
Immerhin habe ich jetzt mal geschrieben, was ich über das Schreiben schreibe, wenn ich schreiben soll aber nicht schrieben will.
Vielleicht hast du es, liebe Leserin, lieber Leser, ja gemerkt: das heutige Schreiben dient nur dazu, zu schreiben, damit ich den Punkt von der Liste streichen kann, was hiermit geschehen ist – jetzt kann ich mir eine Jause gönnen, Kuchen mit Kaffee mit meiner Liebsten, das steht als nächster Punkt auf der Liste 🙂
Bild: Hauswand in Hadersfeld, NÖ, fotografiert am 11.4.2021, Peter Hauptmann