Vor vielen Jahren – noch als Student – habe ich mal bei einem Projekt mitgearbeitet, bei dem mir nach einiger Zeit auffiel, dass der Projektleiter, der auch der Eigentümer der Firma war, die dieses durchführte, eine interessante Eigenschaft hatte: er war spendabel im Großen, aber mehr als knausrig im Kleinen.

Wenn’s um große Summen ging, um Anschaffungen für das Projekt, aber durchaus auch um unsere Honorare, dann war er ohne weiteres bereit, großzügig zu investieren und ebenso fair zu bezahlen. Im Kleinen aber, bei den täglichen Ausgaben, beim gemeinsam Ausgehen nach der Arbeit – also quasi auf der Ebene von Bier und Klopapier – da war er auffallend „geizig“ oder zumindest überkorrekt und schien jeden Schilling (den es damals noch gab) zweimal umzudrehen.

Das hat mich mehr als irritiert. Wie konnte das sein? Da wurde großzügig so viel Geld ausgegeben – und dann plötzlich dort gespart, wo es wirklich gar keinen Sinn ergab. Eine größere Ausgabe war ein Vielfaches von dem wert, was die kleinen kosteten. Gerade aber diese kleinen Ausgaben hätten eine große Wirkung gehabt: es wäre leichter und besser und unkomplizierter zu arbeiten gewesen – und die eine oder andere Einladung auf ein Getränk nach der Arbeit hätte gute Stimmung und mehr Einsatz aller Beteiligten für das Projekt gebracht (anstatt die Rechnung bis auf den Groschen genau aufzusplitten und somit als „Pfennigfuchser“ dazustehen, statt als weitsichtiger Initiator, als der er sonst auftrat, und der er ja auch tatächlich war!).

In den Jahren seither ist mir diese „Spendabel im Großen, knausrig im Kleinen“ Mentalität oft begegnet. Vor allem – jedenfalls ist es mir da verstärkt aufgefallen – bei Menschen, die aus Familien mit Kleinunternehmen (etwa Wirtskinder, wie der oben beschriebene Projektleiter) oder aus sehr kleinbürgerlich denkenden und handelnden Umgebungen stammen.

Dort, wo es auf der unmittelbar nachvollziehbaren Ebene der Brieftasche geschieht, wo das „Wegfließen“ des Geldes unmittelbar zu sehen und zu spüren ist, dort wird penibel auf jeden Euro geachtet. Dort, wo es sich um abstrakte Summen, um Ziffern auf einem Konto oder in einem Budgetvorschlag handelt, dort scheint die eine oder andere Null hinter den Summen eher egal zu sein.

Heute ist mir aufgegangen, dass das Ganze auch in anderen Bereichen existiert. Diese Geschichte kann durchaus auch als Metapher gelesen werden: es gibt viele Menschen, die „spendabel im Großen“ und „knausrig im Kleinen“ sind. Zum Beispiel mit ihrer Zeit. Mit ihren Ideen. Ja sogar mit ihren Prinzipien!

„Feste Prinzipien und Einstellungen im Großen – nachgeben und großzügig sein im Kleinen“ habe ich heute einer Coachingkundin geschrieben. Da ging es eigentlich um ein ganz anderes Thema – aber plötzlich ist es mir klar geworden: da existiert ein Zusammenhang!

Aber dazu demnächst mal mehr…